Daimler & Co. setzen ein Zeichen
Von Michael Heller 03. August 2015 - 14:41 Uhr
Mercedes, Audi und BMW wollen Internetkonzernen wie Google das Feld nicht kampflos überlassen. Dass sich beim Kauf des Kartendienstes Here aber Unternehmen zusammentun, die sich eigentlich als Konkurrenten verstehen, wird wohl zu kritischen Fragen führen.
Die deutschen Autohersteller Mercedes, BMW und Audi übernehmen den Kartendienst Here. Foto: Here
Die deutschen Autohersteller Mercedes, BMW und Audi übernehmen den Kartendienst Here.
Foto: Here
Stuttgart - Die deutsche Autoindustrie nimmt die Herausforderung an. Mit dem Kauf des Kartendienstes Nokia Here signalisieren die deutschen Oberklasseanbieter Mercedes, BMW und Audi, dass sie gewillt sind, ihr Terrain zu verteidigen. Durch die Verknüpfung mit dem Internet und durch den Trend zum autonomen Fahren, der gegenwärtig in Form von Fahrerassistenzsystemen noch in den Anfängen steckt, wächst auf einmal Konzernen Kompetenz zu, die mit der Herstellung von Fahrzeugen überhaupt nichts zu tun haben. Ob sich dies zu einem Kampf der Giganten à la Daimler gegen Google entwickeln wird, ist überhaupt noch nicht absehbar. Aber dass Konzerne, die gemessen am Börsenwert zu den wertvollsten Unternehmen überhaupt gehören, in die deutsche Domäne Autoindustrie eindringen könnten, ist alleine schon alarmierend genug. Und dass es auch die Chefs in Stuttgart, München und Ingolstadt alarmiert, ist ein gutes Zeichen.
Der Kaufpreis für Nokia Here in Höhe von 2,8 Milliarden Euro ist für das deutsche Triumvirat keine Herausforderung, das zahlen sie aus der Portokasse. Wichtiger ist, was die Branchengrößen aus dem Kartendienst machen können, ob es gelingt, ihn zu einem entscheidenden Baustein für die Mobilität der Zukunft zu machen, wie es Daimler-Chef Dieter Zetsche vorschwebt.
In gewisser Weise betritt die Industrie damit Neuland. Denn die Frage, wem Nutzerdaten eigentlich gehören, wer sie verbreitet, wer für deren Sicherheit zuständig ist und wer das alles kontrolliert, musste die Industrie bisher nicht mit Vorrang interessieren. Aber zunächst einmal brauchen die Autohersteller die Zustimmung der Wettbewerbsbehörden. Dass sich Unternehmen zusammentun, die sich eigentlich als harte Konkurrenten verstehen, wird gewiss zu einigen kritischen Fragen führen: Soll hier ein Kartell aufgebaut werden mit dem Zweck, den Zugang für alternative Anbieter abzuschotten und zu verhindern, dass sich hier in Zukunft ein neuer Markt für Dienstleistungen entwickelt? Nach dem Verständnis von Daimler, Audi und BMW handelt es sich um eine Allianz im vorwettbewerblichen Bereich, vergleichbar mit der Vereinbarung von Standards und Normen. Das ist eine nachvollziehbare Sichtweise, aber nicht die einzige.
Zudem sind die deutschen Konzerne in der Autowelt nicht alleine; dass sich Toyota, Hyundai und Ford da so ohne Weiteres anschließen werden, ist eher nicht zu erwarten. Trotz aller Unwägbarkeiten ist es gut zu sehen, dass die deutsche Industrie offenbar eine aktive Rolle bei den Veränderungen in der Autoindustrie spielen will.